Familienfest in Paderborn für den Nationalpark Eggegebirge

02. Juni 2024 | BUND Kreis Lippe, BUND, Lage

Rund 200 Besucherinnen und Besucher nahmen am 1. Juni 2024 am Familienfest für den Nationalpark teil. Prominente Redner waren Landesumweltminister Oliver Krischer und Landesumweltministerin a.D. Bärbel Höhn.

Kurz vor der Pressekonferenz der Tiere, die auf der Bühne im hohen Pavillon stattfand.

Der Ast, auf dem wir sitzen - oder: auch der Eggart drückt der Egge die Daumen

Rund 200 Besucherinnen und Besucher, darunter viele Familien, nahmen am 1. Juni 20224 am Familienfest `Lass mal wachsen` für den Nationalpark teil. Prominente Redner auf der Fest-Wiese nahe der Paderhalle in Paderborn waren Landesumweltminister Oliver Krischer und Landesumweltministerin a.D. Bärbel Höhn. Per Video-Schaltung wirkte auch Eckart von Hirschhausen mit. Die Autorin und Moderatorin Tanja Busse führte beschwingt durch das Programm.

In der „Pressekonferenz der Tiere“ begegneten Bewohner des Eggegebirges  - Tiere vom Schwarzstorch bis zur Haselmaus und pflanzliche Elemente des Waldes. Reihum trugen sie der Moderatorin ihre Klagen und Forderungen vor. Wie ihre Lebensbedingungen sich verschlechtert hätten. Der Schwammwald: „Früher war ich riesengroß, fast wie die ganze Egge“, doch hätten die Menschen ihn „miserabel“ behandelt, „Gräben gezogen“ und Wasser abgeleitet. Und „um Fichten zu ernten, habt ihr mich plattgedrückt“. Der Ästige Stachelbart, Vertreter der Pilze, forderte mehr „Feuchtigkeit im Wald“, „große Maschinen müssen raus“, und dass „große Bäume nicht abgesägt werden! 300, 400 Jahre alt sollen sie werden!“ Die Bedrohung durch die Erderhitzung und das Artensterben wurden deutlich - und der Nationalpark als Schritt zur Lösung. Zum Schluss kamen unter den Masken führende Köpfe des Bündnisses Wildschön zum Vorschein sowie weitere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens – der Höhlenkäfer alias Eckart von Hirschhausen allerdings nur per Video-Einspielung. Nun äußerten alle „Schauspieler“ ihr persönliches Statement für ein „JA“ zum Nationalpark, darunter Karsten Otte, Ralf Liebelt, Dr. Günter Bockwinkel, Valeria Geritzen, Dr. Thomas Steinlein, Else Mögesie alias Antje Huißmann und Prof. Bernd Gerken. Letzterer betonte den Wert des Eggegebirges: „Was Sie hier für ein Kleinod vor der Tür haben“, was für ein Potenzial es berge. „Naturschutz ist Menschenschutz!“, dies müsse endlich einmal begriffen werden, so Gerken, „Die Natur ist der Ast, auf dem wir sitzen.“ Dem schloss sich Eckart von Hirschhausen als Vorstand der Stiftung „Gesunde Erde, Gesunde Menschen“ an, berief sich auf das Montreal-Abkommen von 2022 und versprach „Und als Eggart drück´ ich der Egge die Daumen“.

Tanja Busse sprach die Sorge an, ob die Wahlberechtigte des aktuell durchgeführten Bürgerentscheids sich im Klaren darüber seien, dass sie über sauberes Wasser und Artenvielfalt abstimmten und nicht bloß über Wanderwege?  
Umweltminister Oliver Krischer führte in seiner Rede aus, dass bei diesem Naturschutzprojekt zwar die Natur im Vordergrund stehe, dass jedoch Umweltbildung und Tourismus „kein Beiwerk“, seien. Er begrüße, dass in den Kreisen Argumente pro und contra ausgetauscht würden. Der Verbreitung falscher Behauptungen allerdings sei entgegen zu wirken, auch von Seiten des Umweltministeriums, „ich finde, das haben die Menschen und hat die Region verdient“.

Bärbel Höhn gab für den zerstörerischen Einfluss des Menschen auf die Erde innerhalb kurzer Zeit einen anschaulichen Vergleich: Auf einem Band von 4,60 Meter Länge, das der Erdgeschichte entspricht, stelle die Zeit seit der Entdeckung des Homo sapiens nur einen Abschnitt von der Dicke eines Fingernagels dar. Frappierend, wie der Mensch in dem kleinen Intervall „hier alles kaputt macht“. Den Zusammenhang der Artenvielfalt erklärte sie als riesengroßes Netz von 8,5 Millionen Arten: jede Art, die wir verlieren, bilde ein Loch im Netz - irgendwann reiße es auseinander. Ein Viertel der Arten in Europa seien in ihrer Existenz gefährdet, in der Egge mehr. Erst seit 1950 stürben Arten so rasant aus. Also müssten wir sie schützen, einen „Nationalpark machen“. Die Erfolge des Nationalparks Eifel ermutigten, 89,5 % der Bevölkerung befürworteten ihn inzwischen. Wir müssten Kindern ein Verständnis für die Natur vermitteln; es reiche nicht, wenn sie Natur nur aus Apps und Videos kennen. Lieben lernten sie Natur nur durch die Erfahrung mit allen Sinnen. Nur dann würden sie wiederum später selber die Natur schützen. Der Nationalpark sei für die Zukunft – unsere und die unserer Kinder. 16 Mal habe sich das Konzept Nationalpark in Deutschland bewährt – "warum nicht auch hier?"

Mit edlem Klang untermalte nun das Waldhorn-Ensemble, bestehend aus Mitgliedern der Bielefelder Philharmoniker, die Themen Wald und Natur und die Sehnsucht danach. Leonore von Falkenhausen begeisterte als Sängerin. Irritierend, ernst, innig und zugleich hochdynamisch erklingt im Finale Musik vom Bildschirm auf der Bühne: hier wird der vor wenigen Tagen erschienene Film Robin Jähnes präsentiert, in gewisser Weise die Krönung des Festes: denn hier sind die Protagonisten zu sehen, die konkreten Tiere, die aktuell im Eggegebirge leben: da sind die Spechte in ihren Baumlöchern, da sind die Schwarzstörche, da sind die Greifvögel – mitsamt Küken in ihren Nestern, zwar nur per Bildschirm, aber so nah, so berührend eingefangen, dass man Robin Jähne nur danken und ihn bewundern kann. Jähne, der vielfach ausgezeichnete Naturfilmer Deutschlands, der Kenner des Rotmilans. Manche bleiben trotz Aufräumarbeiten vor dem Bildschirm stehen, der neue Imagefilm für das Eggegebirge - Tipp!

Als überlebensgroße Attraktionen spazierte Ed Wood und schwebte eine Glitzer-Forelle über das Festgelände. Im Rahmenprogramm gab es Spiel-Angebote für Kinder sowie Info-Stände von BUND, Greenpeace, NABU, Parents for Future und der Umweltbildungsinitiative. Seit Ende Mai wird in den Kreisen Paderborn und Höxter in Bürgerentscheiden darüber abgestimmt, ob die Kreise sich für die Einrichtung des zweiten Nationalparks NRW in der Region Eggegebirge bewerben sollen - noch bis zum 12. Juni.

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