BUND Kreisgruppe Lippe

Naturschutz war der Vorreiter – Wasserwirtschaft trotz Zielplanung außer Tritt

Kurzbeschreibung des Gewässers

Abb.1: Strukturvielfalt des Istruper Baches im Naturschutzgebiet Abb.1: Strukturvielfalt des Istruper Baches im Naturschutzgebiet

Der knapp 7 km lange Istruper Bach, der auch Hainbach heißt, entspringt im Bereich der Ortschaft Mossenberg der Stadt Blomberg in zwei Quellsträngen, die beide natürlichen Ursprungs sind. Die Geologische Karte von Nordrhein-Westfalen belegt das. Vor Ort trägt das direkt in der Ortslage entspringende Gewässer den Namen “Hainbach”. Aufgrund der wasserbehördlichen Festlegung gilt der nördlich davon vom sogenannten “Mossenberger Himmel” ausgehende, zunächst verrohrte Quellstrang als Istruper Bach. Dieser durchfließt dann den Ortsteil Istrup und mündet schließlich in den Königsbach, einem Nebengewässer der Diestel, die östlich von Schieder in die Emmer mündet.

Anlass für diesen Bericht war die Erinnerung an frühzeitige Naturschutzinitiativen vor Ort, die schon vor dem Inkrafttreten der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und unabhängig von deren Zielsetzung den Schutz eines Bachsystems zur Biotopvernetzung verfolgt haben.

Frühzeitige Aktivitäten des Naturschutzes

Führende Vertreter des NABU Lippe und der NABU-Gruppe vor Ort in Blomberg hatten schon vor dem Jahr 2000 die Unterläufe des Fließgewässernetzes von Diestelbach, Königsbach und Istruper Bach als entwicklungsfähiges Schutzgebiet im Auge, das sich für die Biotopvernetzung besonders unter Gesichtspunkten des Vogelschutzes anbot. Dazu wurden Fördermöglichkeiten für den Flächenerwerb genutzt. Letztlich konnten auf einer Gesamtfläche von 17 ha zahlreiche Teiche und Schlänken angelegt werden, womit zugleich der Nutzungsdruck auf die Fließgewässer zurückging. Das Titelbild (Abb. 1) gibt einen Eindruck von der heutigen Vielfalt der Gewässerstrukturen, die sich dadurch entwickeln konnte.cid:6CC9A31B-2B8B-4B7B-9ADC-65192CF4DCFB

Auf dem 1 km langen Unterlauf des Istruper Baches vor dessen Mündung in den Königsbach war der Erfolg bei der Gewässerstrukturkartierung 2012, die hydromorphologische Daten zur zielgerechten Umsetzung der WRRL liefern sollte, deutlich sichtbar. Hier zeigte sich ein erheblicher Gewässerabschnitt als nur noch mäßig verändert, einer Ausprägung wie sie bis heute oberhalb dieses Gebietes nicht anzutreffen ist.

Wasserwirtschaftliche Maßnahmen folgten nicht

Die gute Chancen, die mit dem Beginn der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Jahre 2009 gegeben waren, den Zustand auch der Oberläufe zu verbessern, konnten nicht genutzt werden, weil für ein integriertes Vorgehen von Naturschutz und Wasserwirtschaft die Zeit noch nicht reif war. So blieb es bis zum Beginn der jetzt dritten Umsetzungsphase 2022-2027 der Richtlinie bei den stark bis sehr stark veränderten Gegebenheiten des Istruper Baches oberhalb des Schutzgebietes. Wasserwirtschaftliche Maßnahmen zur hydromorphologischen Verbesserung, die gezielt das Schutzziel der WRRL verfolgen, fehlen bis heute. Die zur Zielerreichung unverzichtbare Strahlwirkung gerade der Oberläufe fällt damit aus. Wie das nachfolgende aktuelle Beispiel zeigt, wird dem Ziel sogar entgegengewirkt.

Gewässerunterhaltung orientiert sich am schlechten Zustand

Abb. 2: Istruper Bach Oberlauf April 2022 Abb. 2: Istruper Bach Oberlauf April 2022

Ende April 2022 bot der Istruper Bach in seinem Oberlauf ein erschreckendes Bild. Unbeschattet und total überdüngt musste er wohl wieder mal geräumt werden, wie die nachfolgenden Bilder belegen.

Abb. 3: Istruper Bach Oberlauf April  2022 Abb. 3: Istruper Bach Oberlauf April 2022

Die beiden Aufnahmen stammen vom gleichen Tage in etwa 100 m Abstand gegen die Fließrichtung. Im weiteren Verlauf des Baches zeigte sich das ganze Ausmaß der Unterhaltung.

Abb. 4: Mittellauf des Istruper Baches vor der Räumung Abb. 4: Mittellauf des Istruper Baches vor der Räumung

Diese ernüchternde Unterhaltungspraxis wird dadurch gestützt, dass im Mittel- und Oberlauf des kleinen Gewässers ab 2 km oberhalb der Mündung (Station 2.0) ein sogenannter erheblich veränderter Wasserkörper (HMWB) ausgewiesen wurde. Als Begründung dafür werden im neuen Bewirtschaftungsplan 2022 - 2027 Landentwässerung und Hochwasserschutz angeführt. Das mit der Einstufung verbundene Ziel eines guten ökologischen Potenzials, eines gegenüber der eigentlichen Vorgabe des guten Zustands abgeschwächten Ziels, wird bewusst dahingehend missverstanden, dass die schlechten, nur der Entwässerung dienenden Gegebenheiten als Status quo zu erhalten sind.

Abb. 5: Mittellauf des Istruper Baches nach der Räumung Abb. 5: Mittellauf des Istruper Baches nach der Räumung

Die Gewässerunterhaltung wird dementsprechend und althergebracht mit massivem maschinellen Einsatz als Grabenräumung praktiziert. Abb. 4 zeigt die Situation am Istruper Bach am 18. April 2022 bei Station 5.2 in Fließrichtung. Wenige Tage später sah es dort so aus, wie die Abb. 5 am 27. April 2022 belegt. Von einer angepassten, an dem Umweltziel der WRRL orientierten Gewässerunterhaltung kann hier wohl nicht die Rede sein. Symbolträchtig ersticken die zuvor üppigen Bestände der Bachbunge jetzt im austrocknenden Schlamm am Bachufer.

Zukunftsgerecht ist die hier vorgefundene und vermutlich noch häufig anzutreffende Unterhaltungspraxis gerade in den noch kleinen, häufig als HMWB ausgewiesenen Oberläufen natürlich nicht. Ebenso wie die als natürlich eingestuften Gewässer erfordert das gute ökologische Potenzial widerstandsfähige Gewässer, die auch im Klimawandel Lebensraum für Tiere und Pflanzen und Raum zur Erholung für die Menschen bieten.

Maßnahmenprogramm und undurchsichtige Maßnahmenübersichten

Die im Maßnahmenprogramm des Bewirtschaftungsplans aufgeführten Programmmaßnahmen

  • PGM 71 Maßnahmen zur Habitatverbesserung im vorhandenen Profil
  • PGM 72 Maßnahmen zur Habitatverbesserung im Gewässer durch Laufveränderung, Ufer- oder Sohlgestaltung,

die bis 2027 umgesetzt sein sollen, wirken bei dieser gegenwärtiges Unterhaltugspraxis unglaubwürdig. Mit den zu diesen Maßnahmen angegebenen Längen von 1,73 bzw. 3,09 km in den Tabellen der Maßnahmenübersichten, auf die in der Beschreibung verwiesen wird, ist nichts anzufangen, da eine Verortung fehlt.

Im unteren als natürlich eingestuften 2 km langen Wasserkörper des Istruper Baches wird die PGM 72 mit gut 4,44 km Länge aufgeführt. Das ist wohl eine falsche Eintragung.. Ferner wird die

PGM 74 Maßnahmen zur Auenentwicklung und zur Verbesserung von Habitaten

mit 2,5 ha genannt. Bei dieser Flächengröße kann es sich nur um den oberhalb der seinerzeitigen Naturschutzmaßnahme liegenden Bereich nördlich des Durchlasses an der Wilbaser Straße handeln. Hier verläuft der Bach zwischen beidseitig ausgeprägten Talkanten und sollte seiner eigendynamishen Entwicklung überlassen bleiben. Wasserwirtschaftlich Maßnahmen zur Auenentwicklung können hier eher Schaden anrichten.

Übersicht verschafft das Bild vom Bach

Abb. 6: Uferverbau 2012 gegen die Fließrichtung Abb. 6: Uferverbau 2012 gegen die Fließrichtung

Um sich eine Vorstellung vom äußeren Erscheinungsbild des ganzen Gewässers verschaffen zu können, hat der Verfasser dieses Berichts auf seiner Website einer Bildwanderung entlang des Istruper Baches den Fotos aus dem Informationssystem ELWASWEB im Jahre 2012 eigene aktuelle Bilder vom April 2022 gegenübergestellt. Zusätzlich gibt das dort anwählbare Gewässerstrukturdiagramm 2012 schnell Auskunft über die damaligen strukturellen Gegebenheiten, an denen sich mit Ausnahme der weiteren Entwicklung im Unterlauf bis heute nichts verbessert haben dürfte.

Abb. 7: Uferverbau 2022 in Fließrichtung Abb. 7: Uferverbau 2022 in Fließrichtung

So ist es beispielsweise bei dem wilden Uferverbau im siedlungsnahen Bereich von Istrup, wie ihn die Abb. 6 und 7 zeigen, weiterhin geblieben. Punktuell gibt es aber auch im Unterlauf neue Beeinträchtigungen, wie in der Bildserie 2022 der Bildwanderung bei Station 0.5 zu sehen ist.

Umsetzungsfahrplan war der Einstieg zum Ziel

er Rat der Stadt Blomberg hat am 4. Juli 2012 den Umsetzungsfahrplan „Strahlwirkungskonzeption Emmer“ als verbindliches Handlungskonzept beschlossen. Dort ist auch der Istruper Bach enthalten. In dem in den Abb. 4 und 5 abgebildeten Abschnitt ist eine ökologisch verträgliche Gewässerunterhaltung (km 5,08 – 5,68) vorgesehen. Da der eingeplante Uferstreifen mit Gehölzsaum bis heute fehlt, blieb auch diese Art der Gewässerunterhaltung auf der Strecke.

Das ist aber nur ein Beispiel aus der großen Anzahl der in den konzipierten Strahlursprüngen und Strahlwegen auf Basis des Strahlwirkungskonzeptes vorgesehenen Maßnahmen des Fahrplans. Mehr als die beschriebene Platzbeschaffung des Naturschutzes im Unterlauf aus Zeiten vor der WRRL ist bis heute nicht passiert.

Kein Wunder also, dass die Inhalte des Umsetzungsfahrplans im Maßnahmenprogramm des neuen Bewirtschaftungsplans und der zugehörigen Maßnahmenübersichten nicht enthalten sind. Damit würden ja 10 Jahre Untätigkeit dokumentiert.

Fazit der bisherigen Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie am Istruper Bach

Gute Ansätze des Naturschutzes schon vor Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie blieben auf den Biotopverbund in einem für den Vogelschutz geeignetem Gebiet beschränkt. Die eigentliche Verantwortung der Wasserwirtschaft für den Weg zum Umweltziel der Wasserrahmenrichtlinie für das ganze Gewässer wird bis heute nicht wahrgenommen, Eine Ursache dafür dürfte sein, dass der Startpunkt für diesen Weg noch garnicht gefunden worden ist, das Ziel also immer noch nicht im Blick sondern weit außer Sichtweite ist.

Unter diesen Umständen führen Appelle, wie in der Einladung zum WRRL-Symposium am 12. Mai 2022 “Gemeinsam mit Ihnen möchten wir diesen Weg weiter beschreiten und gestalten.” ins Niemandsland. wo keine Menschen für diesen Weg anzutreffen sind.

 


Linksammlung zur Vertiefung des Themas:

Wer mehr erfahren und sich in die nicht einfachen Dokumente der WRRL vertiefen möchte, findet Informationen auf der offiziellen Internetseite des Landes NRW zur Umsetzung der EU-WRRL https://www.flussgebiete.nrw.de/ sowie im Fachinformationssystem der Wasserwirtschaftsverwaltung www.elwasweb.nrw.de/. Die Bezirksregierung Detmold bietet Internetseiten zu den
Maßnahmenübersichten nach § 74 LWG an.

Der Kreis Lippe liefert auf seiner Internetseite die Umsetzungsfahrpläne mit den Gewässersteckbriefen zum Istruper Bach. Die Vorlagen für die Politik dazu gibt es im Ratsinformationssystem der Stadt Blomberg.

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