Stand der Umsetzung der WRRL am Beispiel des Haferbachs zwischen Oerlinghausen und Lage
Maßnahmenerfordernisse in der dritten Umsetzungsphase der WRRL
Die Kritik am jetzt verbindlichen Bewirtschaftungsplan 2022 – 2027 erfolgte am Beispiel des im Kreis Lippe kleinsten, berichtspflichtigen Gewässers, des Gruttbaches. Das erweckt den Verdacht, es handele sich um einen Sonderfall. Daher sollen hier in loser Folge weitere Gewässer behandelt werden. Bevorzugt werden die Bäche ausgewählt, von denen sich der Leser über das Fließgewässerinformationssystem von Karlheinz Meier selbst zügig ein ”Bild vom Bach” machen kann.
Der Gruttbach mündet in das nächstgrößere Gewässer, den Haferbach. Das Maßnahmenprogramm des Plans sieht zur Verbesserung der Gewässermorphologie insbesondere Maßnahmen zur Habitatverbesserung im vorhandenen Profil, zur Habitatverbesserung im Gewässer durch Laufver-änderung, Ufer- oder Sohlgestaltung, sowie zur Auenentwicklung und zur Verbesserung von Habitaten vor. “Die zugehörigen Maßnahmenübersichten gem. § 74 LWG können unter www.bezreg-detmold.nrw.de eingesehen werden” heißt es dort. Der vorliegende Beitrag zum Haferbach liefert Ihnen den direkten Link zu diesen Maßnahmenübersichten.
Dort finden sich, sehr übersichtlich, in Gewässersteckbriefen ein Überblick über besondere Eigenschaften jedes berichtspflichtigen Gewässers bzw. Wasserkörpers in seiner Gesamtheit sowie eine jeweils einseitige tabellarische Darstellung der wesentlichen Eigenschaften und Randbedingungen, die für die hydromorphologische Planung eine Rolle spielen können. Über das Inhaltsverzeichnis sind die Gewässerseiten direkt anwählbar. Die Seite zum Haferbach haben wir hier als PDF zum Download hinterlegt.
Beim Vergleich mit dem HMWB-Gewässer Gruttbach fällt auf, dass der Haferbach als natürlich (NWB) eingestuft worden ist. Seine durchschnittliche Gewässerstrukturgüte wird mit dem Klassenwert 4,7 und dem Farbsymbol gelb angegeben. Das ist um fast eine Stufe schlechter als beim Gruttbach mit dem Wert 4 und der Farbe hellgrün. Die Ackernutzung in beiden Fällen überwiegt mit mehr als 50 % . Die Siedlungsanteile sind niedrig und können sich nur punktuell auf die Strukturen nachteilig auswirken. Dennoch wird der Haferbach im jetzt verbindlichen Bewirtschaftungsplan als natürlich geführt. Der Vergleich belegt: Die Einstufung des Gruttbaches als HMWB-Gewässer ist falsch.
Gegen die Ausweisung des Haferbaches als natürlicher Wasserkörper im jetzt verbindlichen Bewirtschaftungsplan ist jedoch nichts einzuwenden.
Gegen die Ausweisung des Haferbaches als natürlicher Wasserkörper im jetzt verbindlichen Bewirtschaftungsplan ist jedoch nichts einzuwenden. Trotz der im Durchschnitt stark veränderten Strukturgüte hat der Bach ein großes Entwicklungspotenzial, das ohne signifikant nachteilige Beeinträchtigung der bestehenden Nutzungsgegebenheiten ausgeschöpft werden kann. Auch nach zwei Bewirtschaftungsphasen ist nicht deutlich erkennbar, dass damit schon begonnen worden ist. Die im Jahre 2016 aktualisierte Strukturkartierung (Abb. 1) zeigt im Unterlauf einige Verbesserungen gegenüber der Vorkartierung 2012, die aber eher mit der Kartierung selbst zusammenhängen. Die Anteile der Gewässerstrukturgüteklassen zeigen beim Vergleich mit den auf der Folie zur groben Orientierung stehenden Zielgrößen deutlich, dass sich die gegenwärtigen Strukturdefizite limitierend auf das verbindliche Ziel des guten Zustands auswirken. Das für die Bewertung nach der WRRL maßgebliche Monitoring kann also noch kein gutes Ergebnis erbringen.
Bei 72 % Anteil der Strukturklassen 4 und 5 (deutlich und stark veränderte Gegebenheiten) gibt es kaum Gewässerrandstreifen oder Wald/Sukzession. Die Ursache können Sie aus den schon angesprochenen Steckbriefen für den Haferbach auf Seite 103 ableiten. Das dortige Kreisdiagramm der Landnutzung weist 54,1 % Ackernutzung auf, gefolgt von nur 9,7 % Wohnbauflächen. Dazu kommen noch 5,7 % Gewerbeflächen. Der Rest verteilt sich auf die weiteren Nutzungen mit wenig oder garkeinem nachteiligen Einfluss auf die Gewässerstruktur.
Der Haferbach benötigt mehr Platz für seine eigendynamische Entwicklung
Die Schlussfolgerung auf die notwendigen und bisher fehlenden Maßnahmen ist einfach zu ziehen. Das Gewässer benötigt mehr Platz für seine eigendynamische Entwicklung. Punktuell sollte das durch Rückbau von Ufersicherungen unterstützt werden. Abb. 2 zeigt das Beispiel einer Ufermauer.
Zusätzlich ist die Durchgängigkeit des Bachlaufes wiederherzustellen. Hierzu werden im Maßnahmenprogramm des neuen Bewirtschaftungsplans konkret die fünf zu sanierenden Querbauwerkauwerke genannt.
Sonderbauwerke im Verlauf des Haferbachs
Dazu kommen noch neun Sonderbauwerke (8 Durchlasse und 1 Verrohrung). Details zu diesen Bauwerken sind sehr einfach in der Datenmaske der Bauwerke des Landesinformationssystems ELWAS-WEB (Bauwerke in der mittleren Spalte unter “Oberflächengewässer” anklicken!) abzurufen. Dazu muss lediglich unter Gewässername/ID der Name oder zur Eindeutigkeit die Gewässernummer und unter Bauwerks-ID die Kurzbezichnung aus dem Maßnahmenprogrammen eingegeben werden. Zum Beispiel führt die Nummer qbw_6968 zu dem 2 m sehr hohen Absturz in Helpup an der Wellentruper Straße.und dem seitlichen Schütz “qbw_6969” (Abb. 3).
Weiteres dringend zu beseitigendes Bauwerk am Haferbach
Ein weiteres dringend zu beseitigendes Bauwerk trägt die Bezeichnung “sob_26727”. Dahinter verbirgt sich eine 60 m lange Verrohrung unter einem Acker im Oberlauf des Baches (Abb. 4). Diese beiden Einzelbeispiele zeigen, dass mit gutem Willen der Weg zum guten Zustand. des Gewässers Haferbach längst hätte eröffnet werden müssen.
Im Maßnahmenprogramm 2022-2027 fehlt das bereits 2012 beschlossene Handlungskonzept
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass dje von den Räten der Städte Lage und Oerlinghausen im Jahre 2012 als verbindliches Handlungskonzept beschlossene Umsetzungsfahrpläne für den Haferbach der Städte Oerlinghausen und Lage (ab S. 34 des Fahrplans) alle genannten Erfordernisse enthalten und bis zum Jahr 2027, wie es dort festgelegt wurde, umzusetzen sind. Allerdings enthält das Maßnahmenprogramm 2022-2027 zur Erreichung des guten ökologischen Zustands jetzt die abenteuerliche Fristverlängerung bis 2045. Einerseits ist aus dieser Jahreszahl für den kleinen Haferbach, an dem die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen überschaubar sind, abzuleiten, dass die Verbindlichkeit der WRRL nicht allzu ernst genommen wird. Andererseits zeigen allein die Bildbeispiele, wie notwendig die morphologischen Verbesserungen der Gewässer zur Verbesserung der Lebensadern unserer Gewässerlandschaft sind.
Die Wasserrahmenrichtlinie muss also über das Jahr 2027 hinaus zwingend ihre Gültigkeit behalten.