BUND Kreisgruppe Lippe

Kritik am Bewirtschaftungsplan 2022-2027 der Bezirksregierung Detmold zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

Bewirtschaftungsplan 2022-2027 in Kraft getreten

In einer Presseerklärung vom 22.12.2021 unter dem Titel "Meeresschutz beginnt in Ostwestfalen-Lippe" hat die Bezirksregierung Detmold das Inkrafttreten des Bewirtschaftungsplans 2022 - 2027 zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in der nun schon 3. Bewirtschaftungsphase bekannt gemacht. Trotz einzelner bemerkenswerter  morphologischer Verbesserungsmaßnahmen, wie die Umgestaltung der Lippe bei Paderborn, sind in der Gesamtsicht des Zustands der Fließgewässer in Ostwestfalen-Lippe (OWL) kaum Fortschritte erkennbar.

So fehlt es gänzlich an einer zielgerichteten Maßnahmenumsetzung, um wenigstens einige Beispielgewässer in den Zielzustand zu überführen. Bei natürlichen Gewässern ist das der gute Gesamtzustand bzw. bei als erheblich verändert eingestuften Wasserkörperb das gute ökologische Potenzial. Unser Mitglied Karlheinz Meier hat sich auch als Privatperson in allen bisherigen drei Bewirtschaftungsphasen intensiv in die Öffentlichkeitsbeteiligung eingebracht. Das Ergebnis ist ernüchternd. Zu dieser Feststellung braucht die schriftlich zugesagte Beantwortung aller Stellungnahmen, auch unserer Kreisgruppe, garnicht erst abgewartet zu werden. Ein Blick in den jetzt veröffentlichten endgültigen Plan reicht.

Karlheinz Meier legt das am Beispiel des mit 4 Fließkilometern sehr kurzen, dadurch gut überschaubaren, berichtsplichtigen Gruttbaches bei Lage dar. Wer die nachfolgenden Ausführungen, die sich auf die morphologische Situation der Gewässer konzentrieren, nachvollziehen will, kann sich dazu sehr zügig ein Bild vom Bach auf einer "Fotowanderung" im Internet machen. Am Beispiel dieses Baches wurde in den Stellungnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eine umfangreiche Mängelliste zusammengestellt.

Ein Blick in den Bachsteckbrief im jetzt veröffentlichten Bewirtschaftungsplan zeigt, dass die Stellungnahmen zu konkreten Einzelfällen nichts bewirkt haben. Für den Gruttbach zählen dazu die folgenden Punkte:

Kritikpunkt 1: Einstufung des Wasserkörpers als erheblich verändert (HMWB)

Gruttbach bei Station 1.7, erheblich verändert? Ist dieser Bach tatsächlich "erheblich verändert"?

Schon im 1. Bewirtschaftungsplan 2009 - 2015 erhielt der Bach den Status HMWB, obwohl das 1. Monitoring ihm den guten Zustand bescheinigte. Alle fundierten Argumente in nunmehr drei Beteiligungsphasen, das Fließgewässer als natürlich zu benennen, halfen nicht. Möglicherweise darf der einmal nach Brüssel gemeldete Status nicht mehr korrigiert werden. (Abb.1: Gruttbach bei Station 1.7, – Ist dieser Bach tatsächlich "erheblich verändert"?)

Der Gruttbach in gutem Zustand

Kritikpunkt 2: Fehlerhafte Gewässerstrukturkartierung

Strukturgütedaten des Gruttbaches im Jahre 2016 Strukturgütedaten des Gruttbaches im Jahre 2016

Die landesweite Kartierung in den Jahren 2011 - 2013 erbrachte Ergebnisse, die nicht immer zu den Gegebenheiten vor Ort passten. Eine Ursache war zweifellos der vielfach falsche Kartierzeitpunkt mitten in der Vegetationsperiode. Am Gruttbach führte die Beanstandung zur Nachkartierung im Jahre 2016. Die von Karlheinz Meier entwickelte Übersicht der Gesamtstrukturdaten im Säulendiagramm zeigte plausible Ergebnisse, was bei der Kartierung 2012 nicht der Fall war. (Abb-2: Struturgütedaten des Gruttbaches im Jahre 2016)
Für etliche in der Vegetationsperiode kartierte kleine Bäche dürften die Daten bis heute fehlerhaft sein.

Kritikpunkt 3: Ungeeigneter Zuschnitt des berichtspflichtigen Wasserkörpers

Entwicklungspotenzial im Gruttbach II Entwicklungspotenzial im Gruttbach II

Der Gruttbach teilt sich in zwei Quellstränge mit den Namen Gruttbach I und Gruttbach II auf. Der Aufruf der Gewässerkarte im Informationssystem ELWAS-WEB (Link am Beitragsende) verdeutlicht das. Als berichtspflichtig ist der Gruttbach I gemeldet worden. Von Anfang an wurde vorgeschlagen, die Berichtspflicht zu ändern, da im Gruttbach II ein erheblich besseres Enwicklungspotenzial gegeben ist (Abb. 3: Entwicklungspotenzial im Gruttbach II). Obwohl das Landesumweltministerium diesem Vorschlag schriftlich zugestimmt hat und die Stadt Lage ihren Umsetzungfahrplan für den Gtuttbach II als verbindliches Handlungskonzept beschlossen hat, siegte auch hier das Festhalten an der 1. Meldung nach Brüssel.

Entwicklungspotenzial im Gruttbach II bestätigt durch die Geologische Karte Entwicklungspotenzial im Gruttbach II bestätigt durch die Geologische Karte

Die Geologische Karte im Internetangebot des Landes Nordrhein-Westfalen TIM-online weist eindeutig den Gruttbach II als ursprünglichen Gewässerverlauf aus. Der Gruttbach I dagegen ist ein künstlich geschaffenes Gerinne, das sich aus Straßenseitengräben und sonstigen der Vorflut dienenden Abflussprofilen zusammensetzt. So liefert die Geologie das entscheidende Argument, die Stationierung des Oberlaufs im westlichen Strang fortzusetzen, diesen in den berichts-pflichtigen Wasserkörper zu übernehmen und seine Einstufung zu korrigieren. Damit wird der Weg zum Ziel für den natürlichen Wasserkörpers Gruttbach frei und der gute Zustand mit geringem Maßnahmenaufwand erreichbar.

Kritikpunkt 4: Ignorieren des beschlossenen Umsetzungsfahrplans

Wie im vorstehenden Punkt 3 schon angesprochen worden ist, bleiben die auf kommunaler Ebene beschlossenen Umsetzungsfahrpläne auf der Landesebene ungeachtet. Dort sind jetzt die im     § 74 LWG verankerten Maßnahmenübersichten das Maß der Dinge. in der Kurzfassung des verabschiedeten Bewirtschaftungsplans 2022 - 2027 heißt es:
Ein weiteres Thema, das neben den Kommunen auch andere Stakeholder bewegt, ist die Planung hydromorphologischer Maßnahmen. Trotz der umfassenden Beteiligung der Maßnah-menpflichtigen im Rahmen der Aufstellung der Maßnahmenübersichten nach § 74 LWG, gab es hier noch eine Reihe von Stellungnahmen. Diese betrafen oft sehr konkrete Gewässerabschnitte oder Bauwerke, für die entsprechende Programmmaßnahmen vorgeschlagen wurden.
Andere Stakeholder sind u.a. wir, die Mitglieder der anerkannten Naturschutzverbände, die sich erlaubt haben trotz Nichtbeteiligung an den Maßnahmenübersichten eine Reihe von Stellungnahmen abzugeben. Für deren konkrete Angaben wurden entsprechende Programmmaßnahmen vorgeschlagen. Damit werden völlig unkonkrete pauschale Absichten wie "Habitatverbesserung im vorhandenen Profil" angesprochen. Was passieren kann, wenn es konkret wird, zeigt der letzte Punkt am Beispiel des Gruttbaches-

Kritikpunkt 5: Gar keine bzw. das Ziel ignorierende Maßnahmen

Gruttbach I nach Vorflutmaßnahme Gruttbach I nach Vorflutmaßnahme

Im Gruttbach gibt es bisher nur eine während der ersten Umsetzungsphase durchgeführte Maßnahme. Der Aufruf des Bildes sagt mehr als tausend Worte. Hier handelt es sich um eine rein siedlungswasserwirtschaftliche Baumaßnahme zur Beschaffung von Vorflut für ein neues Siedlungsgebiet, die bezeichnenderweise im Gruttbach I liegt (Abb.4: Vorflutmaßnahme im Gruttbach I). Der Zielsetzung der Richtlinie dienende Aktionen sucht man vergeblich.

Hier ist KEIN natürliches Gewässer mehr vorhanden!

Selbstverständlich ist die vorstehende Mängelliste nicht auf alle Wasserkörper übertragbar. Wer sich aber einmal mit dem Bild "seines" Baches vor der Haustür befasst, wird auch dort Umsetzungsmängel feststellen, die während der bereits abgelaufenen zwei Bewirtschaftungsphasen längst hätten behoben werden müssen.  Das privat erstellte Fließgewässerinformationsystem "FisDt" kann ein zügiges Bild vom gesamten Bach nur für die vom Herausgeber ausgewählte Beispiele liefern. Es dient in erster Linie dem Zweck, für die Schönheit unserer Bäche zu sensibilieren und sich an deren faszinierenden Strukturen zu begeistern.

Wahrlich umfassendes Wissen liefert das elektronische wasserwirtschaftliche Verbundsystem für die Wasserwirtschaftsverwaltung in NRW, das Fachinformationssystem ELWAS mit dem Auswertewerkzeug ELWAS-WEB. Allerdings muss man lerne es zu bedienen. Hinweise dazu finden sich auf der Seite Flussgebiete NRW.

Sollten sich die obige erschreckenden Feststellungen zur Umsetzung der WRRL im Rahmen der zugesagten schriftlichen Beantwortung der Stellungnahmen relativieren oder als fehlerhaft erweisen, wird darüber an dieser Stelle informiert.

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